Ludorf verleiht anläßlich des Seebrückenfestes am 26.6.10 erstmalig eine Ehrenbürgerschaft
Ilse Johansen wurde am 28.07.1922 in Wangerin (Polen) geboren. Ihre Eltern bewirtschafteten den Pfarrhof. Landwirtschaft und Kirche waren damit von Anfang an die Angelpunkte ihres Lebens. Ihre Mutter unterrichtete sie in Französisch und Englisch. Sie legte großen Wert auf eine gute Bildung und gepflegte Aussprache ihrer Kinder. Aus den Kindern sollte mal etwas werden. Der Krieg zwang die Familie zweimal zur Flucht. Auf der letzten, endgültigen Flucht Richtung Westen landete sie 1945 in Mecklenburg. Mit ihren Eltern und zwei Geschwistern kam sie erst einmal in Ludorf Ausbau bei Thomsen unter. Die 23-jährige, junge Frau arbeitete nun in Röbel im Typhuskrankenhaus in der Bahnhofstraße. 1947 heiratete sie den Ludorfer Stellmacher und ließ sie sich mit ihrem Mann in Ludorf nieder. Als Hausfrau unterstützte sie ihren Mann in seiner Selbständigkeit. Als Mutter eines Sohnes und einer Tochter sorgte sie für deren fundierte Ausbildung. Sie war stolz auf deren Abschluss des Agrarstudiums bzw. als Zahntechnikerin.
In der wechselhaften Lebensgeschichte waren für Ilse Johansen die Kirche und ihr Glaube feste Anker. Die Aktivitäten der Familie in der Kirche, die Mitgliedschaft des Ehemannes im Kirchgemeinderat und seine Selbständigkeit machten das Leben in DDR-Zeiten teilweise schwierig. Andererseits formte es eine innere Standhaftigkeit und Beharrlichkeit. Auch nach dem Eintritt in die LPG hielt man eisern an der Kirche fest. Und dies nicht nur als Glaubensbekenntnis. Als 65-jährige übernahm dann 1987 Ilse Johansen das Küsteramt in der Ludorfer Kirche.
Überhaupt Frau Johansen und „ihre Kirche“. Wenn sie von ihrem Kirchlein spricht, dann beginnen die Augen zu leuchten und sie fängt über das ganze Gesicht an zu strahlen. So stürzte sie sich nach der Wende 1989 mit 67 Jahren, wo andere in Rente gehen, in eine ganz neue Berufstätigkeit. Sie wurde mit Leib und Seele Fremdenführerin in ihrer Kirche. Voller Begeisterung und mit jugendlichem Elan ging sie auf ihre Besucher zu. Sie wurde damit zur Botschafterin für dieses Kulturdenkmal und ihr Dorf. Wer als Tourist an Ludorf dachte, hatte sie mit unserer Kirche vor Augen. Der Kirche kam dies über reichen Spendenfluss zur Sanierung und zum Erhalt des Gebäudes unmittelbar zu Gute. Die Ludorfer schätzten ihre Fürsorge auch noch in anderer Hinsicht. Es dürfte nur wenige Kirchen geben, die derart liebevoll mit Blumen aus dem eigenen Garten geschmückt werden und wo ggf. auch noch das Taufwasser per Thermoskanne vorgewärmt wird. Sie sorgte dafür, dass sich jeder hier, in Ludorf, willkommen fühlte, gleich mit welchem Anliegen.
Solch selbstloses und leidenschaftliches Engagement ist selten. Frau Johansen hat auf ihre Art ganz wesentlich zum Erhalt unseres bedeutendsten Kulturdenkmales beigetragen und den guten Ruf des Dorfes als Fremdenverkehrsort begründet. Heute wird sie deshalb mit der Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Ludorf gewürdigt.