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Gesicherte Erkenntnisse, Sagen und Legenden zur Vipperower Burgwallinsel

Vipperow wird im Jahr 2023 auf 845 Jahre Geschichte zurückblicken. Am 4. November 2022 präsentierte Jens Ulrich vom Landesamt für Kultur und Denkmalpflege in einem Vortrag im Dorfgemeinschaftshaus u.a. Neufunde, die nach der Wasserspiegelabsenkung im Dürrejahr 2018 ans Tageslicht kamen.                                                                           

Der Wasserstand der „Kleinen Müritz“ muß am Ende des 10. Jahrhunderts um mindestens 1,5 bis 2,0 m tiefer gelegen haben. Demnach war die Insel zur Slawenzeit größer. Die Fälljahre der untersuchten Hölzer reichen vom Jahr 984 bis ins Jahr 1100. Das heißt, die Burg hat nach dem erfolgreichen Slawenaufstand 983 mindestens noch 120 Jahre lang bestanden.   

Urkundlich wird Vipperow erstmals 1178 in der Urkunde Papst Alexanders III. zur Bestätigung des Bistums Schwerin, als „Land Vipperow“ (terra veprowe) genannt. Vipperow gehörte zu den Hauptburgen im Land Müritz, die aber nachweisbar um 1200 bereits zerstört war. 

In Vorbereitung auf die  1. digitale Fachtagung des Heimatverbandes MV für Ortschronistinnen und Ortschronisten am 12.11.2022 zum Thema „Märchen, Sagen und Legenden – Kulturerbe der Regionen, Fundgrube für die Lokalgeschichte“ war es natürlich ein Anreiz, eine Verbindung von Sagen, Ortsgeschichte und archäologische Ausgrabungen herzustellen.                                                           

Die Burgwallinsel bei Vipperow wurde von der Landesforschung schon frühzeitig beachtet. Sie ist heute ein Bodendenkmal 1. Ordnung. Im Jahrbuch 1992 der Bodendenkmalpflege in MV schrieb Dr. Ulrich Schoknecht, daß der Altmeister der mecklenburgischen Altertumsforschung Friedrich Lisch bereits 1854 einen Aufsatz unter dem Titel „Der wendische Burgwall von Vipperow“ vorlegte. Er erwähnt u.a. eine Sage, wonach man einige Pferdeköpfe ins Wasser werfen mußte, um darüber  die Insel zu erreichen. Lisch selbst kam bei seinem Besuch in Vipperow nicht zur Insel. So beauftragte er den Pastor Wachenhusen (ein Onkel Schliemanns) Grabungen auf der Insel durchzuführen. Er fand Scherben mit Wellenlinien, die von Lisch der „letzten heidnischen Zeit“ und damit der Burgwallkeramik „Typ Vipperow“ zugeordnet wurden. Mittelalterliche Keramik wurde nicht gefunden.

Am 27.Juni 1924 verfasste Herr Prof. Dr. Beltz, Abteilungsvorstand am Landesmuseum, folgenden Bericht: „Nachdem auf dem Hofplatz des Schulzen Kugel Urnenstellungen aufgedeckt waren, auf die Pastor Siegfried freundlichst aufmerksam machte, hat der Unterzeichnete vom 17.-19. Juni d. Js. dort und auf der Burgwallinsel Untersuchungen vorgenommen, welche Dank der Mitwirkung der Herren Pastoren Siegfried, Schulze Kugel, Lehrer Jahnke und Lexow in Vipperow und Amtsrichter Dr. von Schulse-Bülow-Solzow einen schönen Erfolg gehabt haben.“ – Gemeindeblatt der Kirchgemeinde Vipperow, Priborn, Zielow 1.Jg. Aug.1925 Nr.1. Er bemerkte, daß die Burg noch 1813 als Fliehburg benutzt wurde. Beltz unternahm eine Grabung,  legte eine Herdstelle frei und barg verschiedene Funde. 1933 kamen dann ein Schlittknochen und 1944 ein Spinnwirtel zusammen mit Scherben ins Museum Waren. 

Dr. Ulrich Schoknecht schrieb im Jahrbuch 1992: „Als Finder wird in der Ortsakte des Museums der Seminarist Kunkel genannt, der eine bemerkenswerte Überlieferung vermittelt. Demnach soll die in Vipperow lebende Familie Regedanz den Namen des letzten Wendenfürsten der Inselburg tragen.“ Als Werner Regedantz im Winter vor 50 Jahren mit seinem Moped an einer warmen Stelle in der Nähe der Insel eingebrochen war und er von einem russischen Soldaten aus Rechlin, der unweit von ihm angelte, gerettet wurde, muß wohl der Geist seiner Vorfahren die Hand über ihn gehalten haben.

1954 besuchten U. Schoknecht, A. Hollnagel und C. Hainmüller die Insel, bargen größere Mengen Keramik und legten einige Hausgrundrisse frei. Es wurden viele Funde, Kulturpflanzen, Wildkräuter usw. erfaßt, auch acht niederelbische Agrippiner in einer Herdstelle. Diese Silbermünzen stammen aus der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts und werden heute als „Schatzfund“ interpretiert.

Bei der Tauchuntersuchung 1999 fand man vor dem Südufer der Insel einen aus Eichenholz hergestellten Einbaum (um 1049) und zwei natürliche Dammstrukturen im Norden und Südosten der Insel, aber keine Überreste von einer slawenzeitlichen Zugangsbrücke. Es wurde Keramik verschiedenen Typs gefunden, Tierknochen, Reiterausrüstung und  Frauenschmuck.  

Im „Realienbuch“ des Mecklenburgischen Pestalozzi-Vereins  aus dem Jahr 1904 (bearbeitet von mehreren Lehrern nach dem Lehrplan für Landschulen) wird diese Zeit so beschrieben: „Die Wohnsitze der Fürsten waren in Wiesen und Sümpfen gelegene Burgen.  Sie dienten in Kriegszeiten auch der Bevölkerung des umliegenden Gebietes als Zufluchtsstätten. Aber nicht aus steinernen Mauern bestanden die Burgen, sondern aus einfachen Holzbaracken, umgeben von gewaltigen Erdmassen, den sogenannten Burgwällen. …… An 600 Jahre (600 bis 1160) sind die Wenden die Herren unseres Landes gewesen. Sie waren ein friedliches Volk, das sich von Ackerbau, Viehzucht und Fischfang nährte. ….. Mit dem Feldzug Karls des Großen 789 beginnen die Kämpfe  der Deutschen gegen die Wenden, die sich durch 400 Jahre hinziehen. Sie zeigen bald Sieg, bald Niederlage und enden schließlich mit der Vernichtung des Wendenvolkes.“   

Ein Schwertfund 1964 bei Bodenbewegungen in Vipperow durch den Baggerfahrer Herrn Prütz hat für die Lokalgeschichte eine große Bedeutung, wie Dr. Schoknecht in einem Artikel 1992  bemerkt:  „Belegt es doch die Grablege eines Adligen. Damit wird die Vipperower Burgwallinsel als Adelssitz, als Gauburg bestätigt.“  

Bemerkenswert für Vipperow ist, daß sich der Name Regedantz durch die Jahrhunderte zieht. So lebten zu Beginn des 30-jährigen Krieges 183 Einwohner in Vipperow. 1649 wurden nur noch 60 Einwohner gezählt. Aus den Urkunden dieser Zeit geht hervor, daß der Bürgermeister Regedantz versucht, wieder Ordnung in die Besetzung der Höfe zu bekommen, anderenfalls droht die Wegnahme der Hufen durch andere Gutsherren.

Ein Regedantz hat auch Richard Wossidlo 1912 die Sage von den Unterirdischen und dem Fährmann erzählt. Der Fährmann Kugel hat die vertriebenen Zwerge, die man kaum sehen konnte, übergesetzt. Als sie weg waren, dachte er, dort liegen Kohlen. Es war aber Gold.   

1700 gab es am Müritzarm eine „Überfahrt“ für Personen mit einfachen Booten. Aber 1800 gab es bereits eine Überfahrt für Gespanne und Wagen, somit also für 4 Pferde und einen beladenen Wagen mit 1-2 t Last, eine richtige Fähre. Die Brücke und der Erddamm wurden erst 1842 bis 1846 gebaut.  

„De Borgwall Schultenburg in de Müritz“  ist eine andere Sage, die Wossidlo von Häusler Blohm, Röbel und Büdner Koppelow, Vipperow 1912 erfahren hat. Danach soll auf dem Burgwall ein Schloß gestanden haben. „Ein Schimmelrider sall sik zeigt hebben an dat Holt bi de Müritz bi den Dörchgang.“ Ein großer Stein hatte auf dem Burgwall gelegen. Da haben sie ein Taschentuch drübergelegt und er ist zu Gold geworden. Diese Sagen sind Teil der Schriftenreihe des Warener Museums- und Geschichtsvereins e.V. Heft 22 aus dem Jahr 2001:  „Mitunner is wat in de Welt“.  Dank an Susan Lambrecht für die Veröffentlichung der Sagen aus der Region zwischen Müritz und Plauer See.

Eine andere Sage über den Bau der Vipperower Kirche wurde von Hildegard Schultze geb. Regedantz und ebenso von Johann Kugel erzählt: „Vor etwa 700 Jahren lebten zwei reiche Damen auf der Burgwallinsel. Es wurde überliefert, daß diese das Geld zum Bau der Kirche in Vipperow spendeten. Die Sage erzählt, daß hinter einem Felsen der Kirche soviel Gold versteckt sein soll, um einen Wiederaufbau der Kirche im Falle einer Zerstörung zu gewährleisten.“

Trotz einiger Versuche, dieses Gold zu finden, konnte man bis heute keinen Erfolg verzeichnen. In den drei Fenstern, die der Müritz zugewandt sind, waren diese Damen in Butzenscheiben dargestellt. In dem mittleren großen  Fenster sah man beide, sitzend in einem Boot, wie sie vom Burgwall nach Vipperow ruderten, um sich vom Fortgang des Baus zu überzeugen. In den beiden Fenstern daneben war jede allein abgebildet mit einem Korb am Arm, in dem sie das Geld brachten. Später sollen diese bunten Fenster in ein Museum nach Berlin gekommen sein, in welches, ist unbekannt. In die Kirchenfenster setzte man klares Glas ein.

Sagen und Legenden sind sehr interessant. Geschichte zu erforschen, auch mit Hilfe der Archäologie, ist noch interessanter. Mit großem Engagement waren die ganzen Jahre dabei:  Dr. Ulrich Schoknecht, Dietmar Wulkau, Ina Großer, Henny Kaiser, Detlev Kunter, Herbert Wiedbusch, Herrmann Groth von der Ziegelei Solzow, Klaus Hennings als unser bedeutender Kreishistoriker, Arnold Mahncke, Günter Regedantz, Werner Madaus sowie Werner Schinko mit seinen Grafiken zur 800-Jahrfeier 1978 und unserem Wappen zur 825-Jahrfeier im Jahr 2003.                                                          

Hanni Fabisch 

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